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Endlich frei

Der Moment, in dem ich gemerkt habe, dass die Niere ihre Arbeit aufgenommen hat, war unbeschreiblich. Wie glücklich ich gewesen bin einfach pinkeln zu können. Eine Erleichterung in allen Bereichen. Nach zwei Wochen auf der Intensivstation wurde ich zur Beobachtung auf die Normalstation verlegt. Als die Werte stabil waren, durfte ich nach Hause. Einem Leben ohne Dialyse stand nun nichts mehr im Wege.

 

Meine Wohnung befindet sich im Haus meiner Eltern. So blieb es mir nicht verborgen, dass das Dialyse-Taxi weiterhin dreimal die Woche (MoMiFr) gegen 17.oo Uhr vorgefahren kam. Durch das Fenster habe ich Papa einsteigen sehen. Dieser Anblick war verdammt schmerzhaft für mich und hat mir direkt Tränen in die Augen getrieben. Er musste nach wie vor los, während ich zu Hause bleiben konnte. Es hat lange gedauert, bis ich mit dieser Situation zurechtgekommen bin. Mein großer Wunsch war es, dass auch für ihn ein Leben ohne Dialyse ganz bald wieder möglich sein wird. Wir hofften auf die Aufnahme im Eurotransplant-Seniorenprogramm (old-to-old) speziell für Patienten, die älter als 65 sind. Papa hat betont, er wollte erstmal warten, wie sich die Sache bei mir entwickelt und dann in der MHH vorstellig werden.

 

Nach zwei Wochen verschlechterten sich meine Werte erneut. Es stellte sich heraus, dass nicht alle Antikörper erwischt wurden. Also ging es zurück in die Klinik. Ich bekam ein weiteres Plasmapheresen-Programm. Dieses Mal leider aufgrund nicht optimaler Gerinnungswerte mit Verzögerungen zwischen den einzelnen Sitzungen. 

 

Die gesamte Adventszeit habe ich somit in der Klinik verbracht. Am Wochenende haben mich Freunde und meine Eltern mit riesigen Dosen selbst gebackener Weihnachtsplätzchen besucht und mir somit im wahrsten Sinne die Zeit versüßt. Wobei ich bei meinen erhöhten Zuckerwerten aufgrund der Kortisongaben etwas aufpassen musste. Zusätzlich erreichten mich wöchentlich Pakete und Karten, die mir mal wieder gezeigt haben, wie viele liebe Menschen ich um mich habe.  

 

Mein Ziel war es: 

Weihnachten bist Du zu Hause! 

 

Dass ich die Sache heile über mich bringe war mir einfach klar, auch wenn es zwischenzeitlich nicht ganz so schöne Werte gab.

     

..... und ja, ich habe es geschafft. Pünktlich am 24.12. bin ich per Taxi und gefühlt unendlich langem Umweg nach Hause gefahren. Zu Hause erwartete mich direkt eine DHL-Zweigstelle. Die Zeit in der Klinik habe ich für ausgiebiges Online-Christmas-Shopping genutzt. Im Akkord wurde alles verpackt und glücklich verteilt. Was habe ich mich auf den richtigen Kartoffel-Salat gefreut. Nun war dieser aufgrund des Kaliums ja nicht mehr gefährlich für mich und konnte, ohne die Kartoffeln vorher zu wässern, verspeist werden. Wir waren glücklich, dass Mama und ich alles gut überstanden haben und hatten schöne unbeschwerte Weihnachten.

 

Das neue Jahr begann dann direkt mit einer Blasenentzündung. Die erste nach der Transplantation, aber nicht die einzige in den darauffolgenden Jahren. Immer wieder folgten stationäre Aufenthalte bis hin zu einigen Nierenbeckentzündungen und kurzzeitigem Transplantatversagen, welches zum Glück behandelt werden konnte. Durch die Immunsuppressiva, die Lage der Transplantatniere im Unterbauch und den dadurch verkürzten Harnleiter, gehören diese oftmals zum Leben einer nierentransplantierten Frau dazu. Doch im Vergleich zur Dialysepflicht nehme ich diese gern in Kauf und versuche sie bestenfalls natürlich zu umgehen, was mir im Großen und Ganzen ganz gut gelingt. 

 

 

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